Markt

 

Biosimilars mit enormem Sparpotential 

In den frühen 80er Jahren sind erstmals gentechnologisch hergestellte Arzneimittel, sogenannte Biopharmazeutika, hergestellt und vermarktet worden. Seither ist deren Bedeutung ständig gestiegen. Gesamtumsatz und Anzahl Tagesdosen nehmen jährlich rund zweieinhalbmal stärker zu als der Erstattungsmarkt insgesamt. Im Jahr 2021 beträgt der Umsatz mit kassenzulässigen Biopharmazeutika rund 2.050 Milliarden Franken, was gegenüber dem Vorjahr einem Wachstum von +11.4 Prozent entspricht. Der Verbrauch liegt bei 126.8 Millionen Tagesdosen bzw. +10.2 Prozent.

Mittlerweile machen Biopharmazeutika wertmässig 27.0 Prozent des Erstattungsmarktes aus, hingegen nur 2.5 Prozent aller abgegebenen Tagesdosen. Die dominierenden Anwendungsgebiete sind wie im Jahr zuvor Immunologie, Onkologie und Stoffwechselerkrankungen, welche zusammen 75 Prozent des biopharmazeutischen Umsatzes abdecken. Rund 59 Prozent aller abgegebenen Tagesdosen entfallen auf Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Osteoporose, gefolgt von Immunologie mit 15 Prozent.

Längst sind rekombinante Arzneimittel in der medizinischen Praxis unverzichtbar geworden, stellen sie doch oft die einzige Therapiealternative dar und verbessern die Lebensqualität vieler Patientinnen und Patienten. Biopharmazeutika gelten aber auch als wichtige Kostentreiber im Gesundheitswesen. Seit dem Patentablauf umsatzstarker Biopharmazeutika kommt den Biosimilars eine ständig bedeutendere Rolle für einen kosteneffizienten Einsatz der Mittel zu. Gegenüber anderen Arzneimitteln weisen Biosimilars zwei wichtige Vorteile auf: Sie sind Bestandteil eines dynamischen Wachstumsmarkts, sind aber kostengünstiger als deren originären Referenzprodukte in der Anwendung.

Biosimilars bieten eine vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit wie die Referenzarznei, zumal die Qualitätsansprüche dieselben sind. Im Vergleich zu Generika mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen ist die Herstellung der Biosimilars viel aufwändiger, und für ihre Zulassung sind hohe Anforderungen zu erfüllen. Da bis zur Marktreife jedoch nicht mehr alle Entwicklungsschritte erforderlich sind, können sie kostengünstiger angeboten werden. Gemäss Bundesamt für Gesundheit gilt ein Biosimilar zulasten der OKP als wirtschaftlich, wenn bei Launch der Preisabstand zur Referenzarznei mindestens 25 Prozent beziehungsweise 10 Prozent bei der dreijährlichen Überprüfung beträgt. Im Mittel beläuft sich die empirisch ermittelte Preisdifferenz auf 20.6 Prozent für die umgesetzten Biosimilars und 22.2 Prozent für die nicht ausgetauschten Referenzprodukte.

In den Jahren 2006 und 2007 sind in der EU die ersten Biosimilars von der EMA zugelassen worden. Etwas verspätet hat die Swissmedic 2008 die ersten Zulassungen für den Schweizer Markt vorgenommen. Aktuell werden 36 Biosimilars zu vierzehn Wirkstoffen angeboten, was gegenüber dem europäischen Ausland bedeutend weniger ist. So sind bei der EMA via zentralem Zulassungsverfahren 81 Biosimilars oder Bioidenticals zu siebzehn Wirkstoffen registriert (Stand: Februar 2022), wobei nicht sämtliche Biosimilars alle Indikation abdecken müssen oder auch innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten der EU vermarktet werden.

Im Jahr 2021 sind mit biosimilarfähigen Wirkstoffen 517.8 Millionen Franken umgesetzt und 28.2 Millionen Tagesdosen verbraucht worden. Ist der Anteil am kassenzulässigen Biopharmazeutikamarkt in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen, so hat das Wachstum im vergangenen Jahr nur noch leicht zugenommen, da kein weiterer Wirkstoff hinzugekommen ist. Aktuell liegt der Anteil bei 25.3 Prozent nach Wert beziehungsweise bei 22.2 Prozent nach Volumen.

Zum biosimilarfähigen Segment zählen nebst den patentfreien Originalpräparaten (Referenzprodukt) und den darauf bezugnehmend zugelassenen Biosimilars noch weitere, wirkstoffgleiche Arzneimittel mit abgelaufener Marktexklusivität.

Wirtschaftliche Verordnung

Die bisher zugelassenen Biosimilars vereinen einen Umsatz von 105.0 Millionen Franken und entsprechen einem Verbrauch von 3.33 Millionen Tagesdosen. Die jeweiligen Zuwachsraten liegen im zweistelligen Bereich. Bezogen auf alle kassenzulässigen Biotechnologika liegen die Marktanteilanteile für Biosimilars bei 5.1 Prozent nach Wert beziehungsweise bei 2.6 Prozent nach Volumen.

Obwohl die Kosten von der OKP rückerstattet werden, spielen Biosimilars im Verordnungsrepertoire der Ärzte nach wie vor keine bedeutende Rolle. Viele Biopharmazeutika werden bei chronischen Erkrankungen eingesetzt, so dass sich der Markt nurlangsam entwickeln kann, wenn Folgeprodukte vorwiegend auf Neueinstellungen fokussiert bleiben. Die Marktpenetration der

Biosimilars auf Basis DDD fällt je nach Wirkstoff unterschiedlich aus. Im Mittel sind die originären Arzneimittel zu 12.3 Prozent ersetzt oder ausgetauscht, ohne Insulin glargin und Enoxaparin wären es immerhin 28.4 Prozent.

Entsprechend bleibt das realisierte Einsparvolumen mit 27.0 Millionen Franken etwas hinter den Erwartungen zurück. Wie in zahlreichen anderen Ländern, ist die automatische Substitution von Biopharmazeutika in der Schweiz nicht erlaubt. Bei vollständiger Umstellung hätte das zusätzliche Einsparpotential maximal 82.6 Millionen Franken betragen.

Eigentlich wäre der behandelnde Arzt nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot dazu angehalten, die Patientinnen und Patienten wenn immer möglich auf ein preisgünstiges Arzneimittel ein- oder umzustellen. Zusätzlich sollen Biosimilars dazu beitragen, Kosteneinsparungen in der Medikation zu bewirken und damit einen breiteren Zugang zur Versorgung zu ermöglichen.

 

Hohes Einsparpotential

Dass sich das kostendämpfende Potential noch nicht so richtig entfalten konnte, dürfte im Wesentlichen auf drei Gründe zurückzuführen sein: Erstens ist der Preiswettbewerb aufgrund der kleineren Anzahl an Zulassungen insgesamt wie auch auf Ebene der Wirkstoffe bedeutend weniger stark ausgeprägt. Zweitens fällt die Preisdifferenzierung zum Referenzprodukt im

Vergleich zu anderen Folgeprodukten etwas moderater aus. Hier gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass der Preisabstand zum überprüften Originalprodukt festgelegt wird, das preislich im Ausland eventuell bereits reduziert sein kann. Drittens erfolgt die Marktdurchdring etwas langsamer, da davon auszugehen ist, dass der Fokus für den erstmaligen Einsatz der Biosimilars eher auf den Neueinstellungen von Patienten und weniger bei Therapieumstellungen (Switches) liegen wird. Daher erscheint der Verordnungsanteil der Biosimilars bedeutend tiefer, als die Prävalenzen dies suggerieren würden

Da gentechnologisch hergestellte Wirkstoffe in der Regel sehr kostenintensiv sind, wird den Biosimilars grosses Sparpotential beigemessen. Sobald die Patente ausgelaufen und die komplexen Entwicklungen abgeschlossen sind, kann mit dem Launch weiterer Biosimilars gerechnet werden. Das erwartete Einsparvolumen hängt weitgehend vom Preisniveau, Markteintritt und von der Marktpenetration der Biosimilars ab. So könnten durch verstärkte Nutzung bisheriger und mittels neu eingeführter Biosimilars jährliche Einsparungen von rund 170 Millionen Franken (62 Mio. + 109 Mio. Franken) möglich sein.